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      Mein Monat bei der Bundeswehr
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Thema: Mein Monat bei der Bundeswehr

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Seiten: [1] 
12.03.2023, 22:45 Uhr
panzerpabst besucht im Moment nicht das Board.panzerpabst eine private Nachricht schreibenpanzerpabst


Hallo zusammen,

inspiriert von Gerhards wirklich anschaulichen, lesenswerten und interessanten Berichten von seiner Zeit bei der BW mit dem M48 (ein Panzer der mir optisch sehr gut gefällt), möchte ich mal meine Erfahrungen mit der BW schildern. Ich wollte seinen Thread dann doch nicht "kapern", obwohl er mir das gestattet hätte. Meine Erfahrungen sind weit unspektakulärer.

Einberufung:

Irgendwann im Frühling 1991 kam ein Einberufungsbescheid, der mich im Juli zum Gebirgsnachschubbatallion in Mittenwald vorsah. Das kam mir recht ungelegen.
Ich war zu dieser Zeit zwar seit ein paar Monaten arbeitslos, die Wohngebiets-Gaststätte, in der ich zu DDR-Zeiten eine Ausbildung zum Koch begonnen hatte und in Wendezeiten abgeschlossen hatte,
wurde 3 Monate nach meinem Abschluss geschlossen und ein Möbelkaufhaus daraus gemacht. Klar, die Leute wollten ihre D-Mark nicht für Steak au four mit mikrowllenerhitzen Erbsen oder Soljanka ausgeben sondern sich was leisten.
Mein letztes Gehalt bekam ich in D-Mark in bar - schöne klebrige Scheine von der Disko am Vorabend. Am nächsten Tag war ich auf den Weg nach Berlin um mir davon einen C64 zu kaufen. Dann habe ich ich mit ein paar Kumpels angefangen, in einer Band zu spielen.
Einberufungsbefehle kamen da recht ungelegen. Mental ungefestigt, mit langen Haaren und der Einstellung, Wehrdienst nach der Wende? - ist doch alles nicht ernst, habe ich die Zeit verstreichen lassen.
Ein paar Tage vor dem Termin, sich in der Kaserne zu melden, dachte ich aber schon darüber nach, sich mal darum zu kümmern. Mit meiner Naivität bin ich entschlossen zum Kreiswehrersatzamt gefahren um den Genossen mitzuteilen, dass ich nicht gewillt bin, den Dienst anzutreten.
Mir wurde mit ausgesprochener Gelassenheit vermittelt, dass ich für solche Mätzchen zu spät dran bin und ich mich zum Termin in der Kaserne einzufinden habe. Die nächsten Sätze habe ich nur noch "gedämpft" gehört. Es kamen darin Worte wie "Feldjäger" vor und "Antrag auf Kriegsdientsverweigerung dann in der Kaserne".
Mit der Gewissheit, große Sch... gebaut zuhaben, einem Kloß im Hals und Tränen in den Augen fuhr ich nach Hause.
Zu dieser Zeit waren wir im Osten noch total geprägt von den Erfahrungen mit der NVA. Zu Schulzeiten und auch wärend der Berufsschule gab es eine paramilitärische Ausbildung. Diese sah spezielle Unterrichtsstunden vor, wo auch mal ein höherer Rang die Bedeutung und Herrlichkeit der NVA anpries. Das konnte man einfach ertragen.
Schwerer waren da schon die Ausbildungslager, in welche die Jungen der Klassen hin mussten (die Mädchen bekamen derweilen Sani-Ausbildung in der Schule). Es gab Uniformen, Drill, Märsche mit Schutzausrüstung (Gasmaske), Nachtwachen, NVA-Unteroffiziere, die sich an uns ausprobiert hatten... Dreckschw... Wir hatten dabei auch die Gelegenheit, mit der Kleinkalibervariante der AK47 zu schießen. Das hat mal Spass gemacht und hier war mir auch jede penible Anweisung klar und nachvollziehbar - es war ja trotzdem eine automatische Waffe.. ( "kurze gezielte Feuerstöße" ...)
Zu den Erfahrungen in diesen GST-Lagern kamen die wagen und vorsichtigen Berichte von Familienangehörigen, die ihren Dienst geleistet hatten. Ein Schwager hat mir Jahre danach berichtet, dass er als Grenzer bei einem Gewaltmarsch seinen Kameraden, welcher nicht mehr konnte, auf seinen Schultern mitgeschleppt hat, sie wurden trotzdem beide angetrieben wie die Tiere, mein Schwager hat da unwissend bereits einen Toten geschleppt...
Vor diesem Hintergrund der Erfahrungen Aller (den letzten Punkt mal ausgenommen, habe ja erst später davon erfahren), musste ich meiner Mutter beibringen, dass ich in ein paar Tagen zur Armee muss. Ich bin ihr einziger Sohn und die Reaktion war ... als müsste ich in den Krieg. Das hatte ich echt verbockt.
Es ließ sich also nicht ändern, am Sonntag darauf musste ich mich 22:00 Uhr in der Kaserne einfinden. Ich musste mich also auch um "logistische" Dinge kümmern. Der Band musste ich mitteilen, mit Proben wird erst mal nichts (die Spezialisten dort wussten natürlich alles besser und meinten, ich müsste gar nicht erst los - top - sehr hilfreich) und irgendwie hatte ich den Eindruck, meine Haare wären zu lang für den Dienst. Da ich trotzdem entschlossen war, den Dienst nicht unnötig auszudehnen, wollte ich mich von den Haaren nicht trennen.
Mit viel Gel habe ich es geschafft, dem Gewirr Herr zu werden. Das hat offenbar so gut geklappt, dass meine damalige Freundin sich gewundert hat, wen mein Kumpel da zum Bahnhof gefahren hat.
Nach vielen Stunden Zugfahrt von Leipzig nach München und dann nach Mittenwald bin ich dann in der Kaserne angekommen. Für die Landschaft hatte ich kein Auge, ich musste alle meine Aufmerksamkeit auf die Ohren lenken: ich war mit 4 Bayern und einem weiteren Ostdeutschen in einer Stube gelandet. Der andere Ostdeutsche kam aus dem Voigtland - man hätte mich auch nach Timbuktu schicken können - ich habe kein Wort verstanden.

Wie der Titel sagt, nur ein Monat, ein paar Dinge sind da aber vielleicht berichtenswert - das würde ich bei Interesse noch fortsetzen.

--
Grüße aus Leipzig
Matthias

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13.03.2023, 10:31 Uhr
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Hallo Matthias,

deine Story hört sich auch ganz interessant an. Ich bin schon gespannt, wie das weitergeht.

Zum Thema Sprache bzw. Dialekt: ich bin in Nordost-Oberfranken ganz knapp westlich der ehemaligen Zonengrenze aufgewachsen und bin also formal Bayer. Das heißt aber noch lange nicht, daß ich anfangs einen Allgäuer oder Oberpfälzer Kameraden auf Anhieb voll verstanden hätte. Das gab sich dann aber zum Glück ziemlich schnell. :D
--
Viele Grüße

Gerhard

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13.03.2023, 14:40 Uhr
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Hallo Gerhard,

die Erfahrung mit der sprachlichen Gewöhnung habe ich auch gemacht. siehe weiter unten.

Die erste Woche

So richtig ernsthaft hatte ich mir vorher keine Gedanken gemacht, was ein Gebirgsnachschubbatallion eigentlich macht. Mir reichte es aus, dass es nicht besonders gefährlich klang (ich wollte da ja sowieso nicht hin bzw. lange bleiben). Mir wurde es dann klarer als ich mitbekam, welche Berufe die anderen Rekruten so hatten. Da waren Bäcker, Köche, Metzger usw. Der Kompaniechef hat uns dann auch deutlich gemacht, dass wir nach der Grundausbildung dann eine Ausbildung zur Versorgung der Truppen erhalten. Die Grundausbildung wurde hier bereits als nicht ganz so hart in Aussicht gestellt.
Diese Aussicht auf die Grundausbildung und die ersten Erfahrungen mit dem Umgang zwischen Vorgesetzten und Schützen hat mich fast etwas enttäuscht. Ich hatte ja bereits Erfahrung durch die Lageraufenthalte der GST* und hatte mich auf eine noch schärfere Nummer eingestellt. Damit hätte ich prinzipiell sicher auch umgehen können, ich hatte keine Probleme mit Disziplin, Gehorsam usw.
Jeder der mal bei einer Armee war wird sich gut vorstellen können, was in der ersten Woche so passierte. Ausgabe der Ausrüstung, Erklären wie man das Zeug in den Spind packt, wie man das Bett macht, wie der Tagesablauf ist und und und. Beim Empfang der (ich glaube grünen) Unterwäsche erfasste mich dann doch etwas Beklemmung. Zum Glück mussten wir die nicht tragen, es reichte aus, wenn man die Uniform so trug, dass die eigene Unterwäsche nicht zu sehen war.
Frühsport ? Pustekuchen. Eine Kontrolle der Haarschnitte gab es tatsächlich. Mein Pony ging damals bis zum Kinn. Das Gel hielt das nach hinten gekämmte Pony im Zaum und so wurde bei mir nur angemerkt. den Nacken mal auszurasieren. Puh. Ein Kamerad aus einer anderen Stube hatte es da nicht so leicht, er wollte sich nicht von seiner Heavy Metall Mähne trennen. Ihm wurden Kürzung des Solds angedroht und dann wohl auch vollzogen. Das letzte mal als ich ihn sah, qollen immer noch lange blonde Haare unter dem Käppi hervor. Bei der NVA hätten wir beide recht schnell eine ordentliche Frisur verpasst bekommen ;)
Ach ja, eine Musterung gab es auch noch und das hatte für mich große Tragweite - dazu später.
Ich habe dann auch schnell meinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt. Und so ging die erste Woche recht schnell um. Ich verstand immer mehr, was auf der Stube oder von Vorgesetzen gesagt wurde ;) Für Freitag war dann 16:00 Uhr ein Apell angesagt. Keine Ahnung, was da erzählt wurde aber der letzte Satz ließ mich aufschrecken : "Wir sehen uns dann nächsten Sonntag 22:00 Uhr wieder hier in der Kaserne". Ich habe meinen Nachbarn ungläubig angeschaut und gefragt : "wie jetzt ?". "Na wir gehen jetzt nach Hause und kommen Sonntag wieder!" Darauf war ich nicht vorbereitet. Die Grundausbildung dauert 3 Monate und die reißt man am Stück ab ohne nach Hause fahren. So kannte ich das.
Da nun aber alle emsig auseinanderstoben und kurze Zeit später die ersten in Zivil Richtung Kaserenausgang liefen, dachte ich OK, Bundeswehr ist nicht NVA und packte meine Sachen. In die aufkommende Freude, erst mal wieder nach Hause zu können, mischte sich aber auch das Bedauern über den langen Weg. Viele wohnten recht nah oder hatten ca. 1 Stunde Fahrt vor sich. Ich hatte mit einem anderen Kameraden den längsten Weg nach Hause. Also erst mal zum Bahnhof Mittenwald gelatscht, mit dem Bummelzug nach München und dann mit einem Schnellzug nach Leipzig. Da kam ich irgendwann nach um 2 Uhr nachts an. Da ich aber noch nach Delitzsch musste und kein Zug mehr fuhr, habe ich zu Hause angerufen (Zum Glück hatten wir schon Telefon, das war damals noch nicht flächendeckend).
Mein Vater hat gleich gedacht, es ist etwas passiert - so erschrocken war er von meinem völlig unerwareten Anruf. Eine halbe Stunde später tuckerten wir im Trabi nach Hause. Von den Wochenenden hatte ich wenig, sonntags noch vor 10:00 Uhr musste ich mich auf den Weg machen um nicht zu spät in der Kaserne zu sein. An diese endlosen Zugfahrten im Sommer kann ich mich immer noch sehr gut erinnern.


*
Noch ein paar Worte zur GST - Gesellschaft für Sport und Technik. Das war eine Organisation der DDR, die, sagen wir mal, "spielerisch" eine Brücke von Zivil zu Militär bildetet. Neben harmlosen Angeboten wie Modellbau oder Motorsport gab es auch die Möglichkeit z.B. Fallschirmspringen zu machen. Und hier wurde dann schon recht intensiv auf eine entsprechende militärische Laufbahn hingearbeitet.
Wenn man also bestimmte Interessen hatte (z.B. Sportschießen, Tauchen, ...) kam man an der GST nicht vorbei.
Die GST hat in Zusammenarbeit mit der NVA eben auch eine paramilitäsche Ausbildung durchgeführt.


--
Grüße aus Leipzig
Matthias

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13.03.2023, 23:26 Uhr
Oldchap besucht im Moment nicht das Board.Oldchap eine private Nachricht schreibenOldchap


Hallo Matthias,

na, da ging es bei uns teilweise schon deutlich strenger zu. Ausgang während der 3 Monate Grundausbildung? Gar nicht dran zu denken! Haarschnitt auffällig? Wachdienst übers Wochenende! Spind richtig einräumen? Jep, weil regelmäßig Spindappell; bei Auffälligkeiten Wachdienst. Bart etc.? Nur zulässig, wenn die Gasmaske einwandfrei saß. Da hatten wir ein hohes Eigeninteresse daran, denn wir wurden mehr als einmal in die Gaskammer gejagt (Tränengas-Container) und mussten dort Filterwechsel üben. Da blieb so manches Auge nicht lange trocken.

Ja, als Unterwäsche durfte eigene getragen werden.
--
Viele Grüße

Gerhard

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14.03.2023, 09:27 Uhr
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Hallo Gerhard,

mir ist klar, dass das meine individuelle und subjektive Erfahrung war. Von anderen hat man dann nach und nach auch Erfahrungen mit der Bundeswehr eingesammelt und das hat klar ergeben, dass es auch strenger ging als bei mir. Geht ja auch kaum anders wenn man einem Soldaten eine scharfe Waffe oder ein teures gefährliches Waffensystem anvertraut. Bei uns waren es ja nur Gulaschkanonen ;)


--
Grüße aus Leipzig
Matthias

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18.03.2023, 17:54 Uhr
panzerpabst besucht im Moment nicht das Board.panzerpabst eine private Nachricht schreibenpanzerpabst


Hallo zusammen,

Kirchgang mit Nickerchen

Da man sich offenbar nicht ganz sicher war, ob, und wenn ja, wie tief bei uns Ossis der christliche Glaube verankert war, hat man die Ossis der Kompanie beiseite genommen und in einer extra Veranstaltung (Format Selbsthilfegruppe im Kreis ) befragt und uns sozusagen freigestellt, bei der kirchlichen Weihe teilzunehmen. Ich kann jetzt nicht mehr sagen, was genau der Hintergrund war, ob das die geistliche Parallelveranstaltung zur Vereidigung war. Das kann ich auch zeitlich nicht mehr genau in meine paar Wochen einordnen. Ich habe aber gedacht, das kann man sich ja mal ansehen, bei einer Messe oder Gottesdienst o.ä. war ich noch nie. Bei der Gelegenheit konnte ich auch den Ort Mittenwald etwas näher kennenlernen. Ich bin sonst ja immer nur vom Bahnhof zur Kaserne gehetzt oder umgekehrt. Da saß ich also irgendwo etwa 4. Reihe aber genau neben meinem Kompaniechef. Am Anfang war das ja noch alles interessant, man hat sich die Kirche von innen angesehen, versucht zu verstehen, was der Pfarrer da erzählt. Aber es zog sich, die Kirche war ausreichend inspiziert, den Faden des Gesprochenen hatte ich verlohren und so begannen meine Gedanken zu fliegen. Keine Ahnung, wohin sie flogen, in die Realität hat mich der ausgestreckte Zeigefinger meines Kompaniechefs zurückgeholt, der mich relativ behutsam aber bestimmt wieder in eine aufrechte Position brachte. Sowas ist mir eigentlich in der Öffentlichkeit noch nie passiert. Und wenn es schon passiert, warum musste ich ausgerechnet nach rechts kippen? Das war mir schon peinlich, hatte ich doch mein Interesse für die Veranstalung bekundet. Danach war ich überzeugt, die dachten, wir Ossis sind alle Heiden.


--
Grüße aus Leipzig
Matthias

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20.03.2023, 20:41 Uhr
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Hallo zusammen,

es sind nur kleine Episoden, aber man erinnert sich trotzdem lebhaft daran. Wie z.B. :

Schlübber statt G3

Irgendwie hatte ich den Eindruck, mit meinem Antrag auf Kriegsdeinstverweigerung passiert gerade nicht viel oder schnell genug. So kam der Gedanke auf, der pazifistischen Argumentation im Antrag noch durch weitere Verweigerungen Gewicht zu verleihen. So habe ich die befristete Befreiung von der Ausbildung an der Waffe beantragt. Diesem Antrag wurde sehr schnell entsprochen (entgegen eines Antrages eines Kameraden, der die Befristung nicht formuliert hatte). Es läuft, dachte ich. Ein paar Tage später/ eine Woche später (es lässt sich wie gesagt nicht mehr so genau rekonstruieren) war die erste praktische Übung - sprich Schießen mit dem G3 geplant. Alle haben sich also zur "Materialausgabe" angestellt - auch ich. Ich glaube, den Antrag hatte ich da komplett ausgeblendet, ich hatte mich schon für das Schießen bzw. die Waffentechnik interessiert. Nach einer Weile in der Schlange fragte mich ein Kamerad : "Hast du dich nicht von der Ausbildung an der Waffe befreien lassen ?" Hm, ja klar, du hast recht, was mache ich hier ? Mit einer Mischung aus Verwunderung, dass ich gar nicht mehr an meinen Antrag gedacht hatte und der Enttäuschung, um das Schießen gebracht zu sein, musste ich mich ja zwangsweise beim Vorgesetzten melden und an meine Befreiung erinnern. Dieser wusste dann auch gleich von meiner Befreiung und befahl mir, mich irgendwo in einer Kleiderkammer zu melden.
Diese habe ich auch recht schnell gefunden, genaus so schnell wusste ich, ich wäre lieber beim Schießen dabei gewesen: Berge aus Uniformteilen und Unterwäsche. Diese mussten sortiert und gepackt werden, auf einen Transporter geladen und irgendwo hingefahren werden. Spannend. Zumindest habe ich dabei auch einen Eindruck gewonnen, wieviele zivile Personen und Firmen in die Bundeswher einbezogen sind: der "Wäschemeister" war Zivilist und wir sind zwischen Kaserne und Ort hin und her gefahren.
Mich hat der Gedanke getröstet, das mein Antrag bezüglich der Waffenausbildung meinen anderen Antrag unterstützt. Doch es kam anders ...


--
Grüße aus Leipzig
Matthias

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20.03.2023, 23:25 Uhr
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Hallo Matthias,

diese Facetten eines möglichen Militärdienstes habe ich allerdings nicht kennengelernt.

Ich hatte eine Verkürzung meiner 18 Monate Wehrdienst zwecks Aufnahme eines Studiums beantragt. Nachdem ich einige Zeit nichts mehr davon gehört hatte, habe ich beim KpChef nachgefragt und musste lernen, dass der in seiner Aufregung wegen eines Majorlehrgangs schlicht vergessen hatte, diesen Antrag rechtzeitig weiterzuleiten. Er war deswegen sehr geknickt und machte mich darauf aufmerksam, dass ich ihn deswegen belangen könnte, was seiner Karriere als Berufsoffizier sehr schaden könnte. Ich rechnete ihm diese Ehrlichkeit positiv an und verzichtete auf die mögliche Beschwerde, die mir aus Termingründen sowieso nicht mehr geholfen hätte. Seitdem hatte ich nahezu einen Freibrief für alles Mögliche, was sonst nicht gewährt wurde; etwa überproportional viele Wochenendheimfahrten, Benutzung und Abrechnung des eigenen PKWs für Lehrgänge, für die ich sonst mit der Bahn hätte anreisen müssen usw. usw. Der Spieß, der von meiner missglückten Eingabe nichts wusste, fiel aus allen Wolken ob der zahlreichen Vergünstigungen, die mir vom Chef zugestanden wurden...... :teufel:
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Viele Grüße

Gerhard

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19.04.2023, 22:07 Uhr
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Hallo zusammen,

Gerhard, da hast du ja trotzdem einen recht hohen Preis für Deine Freiheiten bezahlt. Aber das war ja eigentlich auch bemerkenswert ehrlich von Deinem CpChef...

Ich bin getürmt:

Mal ein kleines Update, ein paar Tage hatte ich ja noch zu "dienen".
Vermutlich in meiner zweiten Woche wurden wir gefragt, ob wir bei einer Veranstaltung mit höheren Rängen der BW in einer anderen Kaserne in Mittenwald an einem Freitag Abend freiwillig unterstützen wollen. Die Unterstützung zielte klar auf die Arbeit in der Küche ab, aber auch auf die Bedienung der Gäste. Klar, wir kamen ja nun mal alle aus diesen Berufsbildern. Die Zusage aller hat unseren KpChef vermutlich nicht überrascht - er kannte das bestimmt nicht anders (es wäre auch fatal geworden, wenn sich zu wenige gemeldet hätten, wie hätten die sonst diese Veranstaltung stemmen sollen ?) Klar war, dass sich damit für mich wegen der langen Fahrtzeit eine Heimfahrt erübrigen würde. Als es dann um die konkrete Zuordnung der Rekruten zu bestimmten Posten in der Küche ging, wurde mir schon etwas mulmig. Grund war meine Überzeugung, mit meinen in meiner Kochlehre in der DDR angeeigneten Fähigkeitn weit hinter dem zu liegen, was hier erwartet werden könnte. Das Spektrum an Rohstoffen war sehr eingeschränkt und ich wurde darauf getrimmt, ein 0815 a la carte hoch und runter zu kochen - unerlaubterweise dann auch alleine als Lehrling in der Spätschicht. So habe ich mich zusammen mit meinem vogtländischen Stubenkameraden im Hintergrund gehalten - dem ging es wohl ähnlich wie mir. So kam es, dass alle Posten vergeben waren und der Rest als Bedienungen der Gäste (persönliche Ordonanz) gebrieft wurden. In einer Fahrzeughalle haben wir dann das Balancieren von Tablets mit Gläsern sowie die Ansprache der Gäste geübt ("Guten Abend, ich bin für heute ihre persönliche Ordonanz ..."). Das haben wir ein paar Tage gemacht bis dann dieser Freitag ran war. Aslo wurden wir am Nachmittag in die andere Kaserne gekarrt und aufgeteilt. Komischerweise (vielleicht weil ich mich wieder im Hintergrund gehalten hatte) waren dann auch alle Ordonanzen zugeteilt bis auf 2 : den Vogtländer und mich (Zufälle gibts). Uns wurde gesagt, wir sollten wieder in unsere Kaserne zurückkehren und uns bereithalten, falls Ersatz benötigt wird. Dort angekommen waren wir uns recht schnell einig, die Wahrscheinlichkeit für einen Einsatz als Ersatz ist doch kaum vorhanden und es war noch zeitig genug, nach Hause zu fahren und noch was vom WE zu haben. Entschlossen waren wir also, hatten aber doch etwas Bedenken, einfach so am Posten im Eingang zum Gebäude vorbeizumarschieren. So sind wir in der 1 Etage aus dem Klofenster gesprungen um den zu umgehen und sind dann selbstbewusst an der Hauptwache vorbei - wir dachten, die können die Situation viel weniger einschätzen als der Wachhund n unserem Block.
Bei unserer Rückkehr in die Kaserene am Sonntag hat niemand etwas gesagt - unser Plan ging also auf. Vermutlich hätte auch keiner uns dienstlich belangen können - es war ja eine freiwillige Nummer. Wenn wir tatsächlich gebraucht worden wären, hätte die Nummer bestimmt eine Geschmäckle bei den Kameraden hervorgerufen...




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Grüße aus Leipzig
Matthias

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19.04.2023, 23:07 Uhr
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Hallo Matthias,

ich verbuchte damals meine Situation einfach als dumm gelaufen. Groß waren die statistischen Chancen auf eine Verkürzung sowieso nicht. Und wem hätte es genützt, wenn ich den KpChef gemeldet hätte? Mir auf jeden Fall nicht, denn der Termin für mein Gesuch war vorbei. An einer Art billiger Retourkutsche lag mir auch nichts. Ich wußte zu dem Zeitpunkt noch nicht, daß mir meine Haltung letztlich noch ein paar handfeste Vorteile im Dienst einbringen würde, aber die habe ich dann doch erfreut entgegengenommen.

Ob mein Verzicht auf eine Beschwerde meinem KpChef letztlich in seiner Karriere genutzt hat, habe ich nicht mehr mitbekommen. Die genannte Prüfung bestand er jedenfalls nicht; der Termin für eine mögliche Wiederholung lag erst nach meiner Dienstzeit. Allgemein wurde gemunkelt, daß die Majorsprüfung kein Zuckerschlecken war, da es relativ viele Bewerber auf wenige freie Stellen gab.
--
Viele Grüße

Gerhard

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