23.02.2023, 15:38 Uhr Oldchap
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Ein weiteres Erlebnis der besonderen Art ist mir auch wieder eingefallen, noch einmal im Zusammenhang mit den Amerikanern. Wir waren - wie immer- der böse Feind mit den roten Kreuzen, hatten aber diesmal die Rolle des Angreifers. Im Bericht mit dem Natobrot hatten ja die Amerikaner zum Gegenschlag ausgeholt, den wir als Verteidiger nach Kräften abwehren sollten.
Ich weiß nicht mehr, wie wir an diese Infos kamen, aber der Gegner hatte sich laut Aufklärung in eine Art Talkessel mit "uneinnehmbaren" Hügelketten drumherum und einem sehr schmalen Eingang zurückgezogen, der nur im Panzer-Gänsemarsch (Kolonne) zu bewältigen gewesen wäre. Es war von vorneherein klar, daß dabei unser Spitzenfahrzeug abgeschossen werden würde und unser Angriff damit zum Erliegen käme. Im wirklichen Leben hätten wir wohl versucht, die Burschen einzukreisen und auszuhungern, aber das gab die angesetzte Manöverdauer natürlich nicht her. Hätten die Jungs dort bis zum Abpfiff ausharren können, hätten sie automatisch gewonnen.
Also sahen wir uns diese "uneinnehmbaren" Hügel von außen näher an. Ja, der Aufstieg war steil, sehr steil. Aber man konnte ja immerhin mal probieren, ob der Hang befahrbar sein würde. Der Boden bestand aus Erde mit Steinen dazwischen. Außer ein paar niedrigen Büschen und Gras gab es keinen Bewuchs. Wir mußten befürchten, dass das relativ hohe Panzerchen umkippen würde, wenn es schräg oder gar quer zum Hang stehen würde. Das musste also unbedingt vermieden werden. Verfügbar für das Abenteuer war mein Zug (5 Fahrzeuge), der Rest der Kompanie wartete draußen vor dem Tal-Eingang, um den Feind zu empfangen, falls der uns nachsetzen würde, wenn wir aus dem Kessel kämen.
Zunächst wurde von unseren Grenadieren zu Fuß erkundet, ob der Hügelkamm überhaupt feindfrei war. Das war der Fall; unsere Jungs hatten zum Teil sogar freie Sicht auf das Camp des Gegners, der sich wohl absolut sicher fühlte. Zum Ausgang des Kessels hin würde er natürlich eine Wache postiert haben. Wir hatten eine gute Chance, bis zum Erreichen des Hügelkamms auch akustisch unentdeckt zu bleiben; danach würde der Krawall unserer Motoren aber mit Sicherheit wahrgenommen werden. Der Überfall auf das Camp musste also schnell gehen, damit das Überraschungsmoment erhalten blieb. Immerhin waren nach Schätzung der Grenadiere etwa 800 m Abstieg zu überwinden, und dieser Abstieg war wohl ähnlich steil wie der Anstieg.
Wir kamen überein, unsere Panzerchen bis knapp unter den Kamm hochzuziehen, falls das möglich war. Dann wollten wir auf breiter Front bergab brausen, auf kurze Entfernung die Gegnerfahrzeuge aus der Fahrt heraus so gut wie möglich zusammenschießen und dann mit Karacho durch den Eingang des Kessels wieder nach draußen verschwinden, bevor der Gegner seine verbliebenen Kräfte sortieren und zurückschlagen konnte.
Der Aufstieg war wirklich ein Abenteuer, denn das Fahrzeug bewegte sich dauernd an der Schlupfgrenze. Dabei trat ein Phänomen auf, das ich vorher nie erlebt hatte: die Lenkung wirkte plötzlich seitenverkehrt! Nach dem ersten Schreck wurde mir klar, woran das lag, und ich gab es schnell an die Fahrerkollegen durch. Fährt der Panzer z.B. nach links, wird die Leistung auf die linke Kette zurückgenommen und die auf die rechte verstärkt. Das führte am Hang aber dazu, dass die rechte Kette den Grip verlor und durchrutschte. Die linke hatte natürlich noch Bodenhaftung, und schon drehte der Panzer nach rechts statt nach links!
Das Fahren war irgendwie gruselig, weil ich zeitweise nur noch Himmel vor mir sah. Fast konnte man glauben, der Panzer hätte sich auf die Hinterbeine gestellt, aber es ging aufwärts. Irgendwann war ich kurz vor dem Hügelkamm und wartete, bis die Kameraden folgten. Auf Kommando überwanden wir die letzten Meter und brausten bergab. "Brausen" war genau das Wort, denn der Abstieg war genauso steil und rutschig wie der Anstieg, und wenn man lenken wollte, musste man ordentlich Gas dazu geben und wurde noch schneller. Das war kein geordneter Angriff, das war ein Fiasko für alle Beteiligten! Die abgesessenen Amerikaner rannten scheinbar planlos zwischen ihren Fahrzeugen umher und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Ihre Panzer standen kreuz und quer im engen Kessel herum und es war für uns kaum Platz, da durchzubrechen. Kollisionen waren praktisch vorprogrammiert, und wir versuchten wenigstens, Zusammenstöße mit anderen Panzern zu vermeiden. Die wären für die unangeschnallten Besatzungen mit Sicherheit übel ausgegangen, denn ein Panzer hat nun mal keine Knautschzonen! Dafür mussten dann leider "weiche" Ziele dran glauben. Ein Jeep wurde überrollt, ein LKW beschädigt und... die Feldküche plattgemacht! Das Letztere war ein Punkt, den uns die Amerikaner ernsthaft übel nahmen, denn ihr Essen war wohl gerade fertig geworden.
Wir konnten völlig unangefochten in voller Fahrt den Talkessel verlassen und wurden auch nicht verfolgt. Natürlich fragten wir "außerhalb des Protokolls" bei den Schiedsrichtern an, ob es etwa Verletzte gegeben hätte, aber Personenschäden waren zum Glück nicht zu verzeichnen. Wir bekamen immerhin 8 vernichtete und 2 beschädigte Feindpanzer bei null eigenen Ausfällen zugesprochen und waren hoch zufrieden. Ein formeller Protest der Amerikaner wegen "gefährlichen Fahrverhaltens" unsererseits (oder wie immer man das damals nannte) wurde von den Schiedsrichtern abgewiesen, weil man anerkennen musste, dass wir schon wegen des steilen Abstiegs nicht langsamer werden konnten. Hätte es Personenschäden gegeben, wäre die Sache vermutlich anders ausgegangen. -- Viele Grüße
Gerhard
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Bigtanks-Köti 1:6, Hermann-Porsche-Köti 1:6, Bigtanks-Jati 1:6, Armortek-Japa 1:6, Spearhead Pz. IV 1:6
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