17.02.2008, 16:56 Uhr Mortimer
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Hallo Freunde des Kettensports,
Ich möchte hier beschreiben, wie man mittels Ebalta 951, einer gummiähnlichen Gießmasse, selber Modell-Reifen herstellen kann.
Der echte Panzerfahrer wird sich verwirrt fragen: Reifen – sind das nicht diese komischen schwarzen Dinger? Zu was solln die gut sein?
Aber vielleicht gibt es hier noch andere Halbketten/LKW-Bauer, die notgedrungen auf diesen kettenlosen Aberglauben angewiesen sind.
Die Ebalta-Geschichte ist nicht neu, z.B. bei modelltruck.net kann man schon sehr viel an Erfahrungswerten über das Kopieren bestehender Reifen lesen: >klick<
Auch Michael aka DODGE204 hat z.B. schon sehr schön die Laufrollengummi-Herstellung mittels einer anderen Ebalta-Mischung dargestelltt: >klick<
Mit der nachfolgenden Beschreibung möchte ich nur denen Mut machen, die einen Modell-Exoten verwirklichen wollen, und im Netz keine Angebote von Reifennachbildungen gefunden haben.
Eine mögliche Vorgehensweise:
1. Reifen-Urmodell herstellen
2. Das Urmodell mit Silikon abformen
3. Reifen gießen
Benötigtes Material:
- Polystyrolplatten unterschiedlicher Dicke (z.B. von http://www.conrad.de, http://www.modulor.de usw.)
- Bohrmaschine
- Laubsäge
- Schere
- Dremel
- Knete
- Trennspray
- Normales Gießsilikon (z.B. vom Hobbyladen, http://www.weissmetall.de usw.)
- Geduld
- Ebalta 951 + Härter (erhältlich bei http://www.ebalta.de )
1. Reifen-Urmodell herstellen:
Benötigtes Material für diesen Schritt:
- Polystyrolplatten
- Bohrmaschine
- Laubsäge
- Schere
- Dremel
Leider habe ich beim Erstellen des Urmodells keine Fotos gemacht, ich habe aber versucht, meine Beschreibung durch ein paar Skizzen verständlicher zu machen.
Ich möchte gerne einen Famo in 1/16 bauen. Dazu habe ich mir einen 1/35 Bausatz gekauft, um dessen Teil zu vermessen, umzurechnen und in dem gewünschten Maßstab nachzubauen.
So sieht der 1/35er Vorbild-Reifen von Tamiya aus:
Zunächst brauche ich als Maße nur Durchmesser und Breite des Reifens.
Den errechneten 1/16er Durchmesser übertrage ich dann mit einem Zirkel auf einen Stapel Polyplatten. Die Platten wähle ich so aus, dass sie zusammen in ihrer Dicke etwa der 1/16er Reifenbreite entsprechen.
Die dünneren Platten (diese sollten die gleiche Dicke haben) kommen jeweils nach außen, also nach oben und unten. Warum, dazu später.
Dann wird an der Zirkellinie der „Scheibensandwich“ ausgesägt. Man kann natürlich auch alle Scheiben einzeln aussägen und nachher zusammenfügen.
Nun besitze ich leider keine Drehmaschine, ich behelfe mir bei solchen Dingen immer indem ich Sachen, die irgendwie rund werden sollen, in eine Bohrmaschine einspanne.
Also ein Loch durch die Mitte der Scheiben bohren, eine längere Schraube hindurchfriemeln und das ganze mit einer Mutter zusammenspannen und das überstehende Schraubengewinde im Bohrmaschinenfutter arretieren.
Als Nächstes die Bohrmaschine z.B. in einem Schraubstock einspannen, einschalten (mit der Geschwindigkeit muss man experimentieren) und irgendetwas Scharfes benutzen, um das kantige Scheibensandwich auf die gewünschte Rundung herunter zu schleifen.
Gute Erfahrungen habe ich mit einer Scherenhälfte gemacht, allerdings keine guten Erfahrungen damit, das ganze der Scherenbesitzerin zu erklären.
Ich gebe zu, dass dieser Teil kniffelig und schwierig ist. Aber wenn man häufig mit dem Original vergleicht und die Bohrmaschine nicht auf höchste Geschwindigkeit stellt, kann man sich auch gut langsam der angestrebten Form nähern.
Am Schluss habe ich dann noch zum Glätten feines Schleifpapier an das rotierende Polygebilde gehalten.
Nun möchte sich der Reifen ja noch profilieren. Dazu hat er angefangen, sich die Haare zu färben… ähm quatsch.
Dazu wollte ich mit einer Dremeltrennscheibe das Muster einritzen, beim Famoreifen sind das gekreuzte Rillen. Das führt aber dazu, dass man durch die runde Trennscheibe eine „flach auslaufende Schleifspur“ (blöd zu erklären) an den Enden der Rillen bekommt, was ich beim Famoreifen aber nicht wollte.
Jetzt kommt auch die Begründung für das äußere Anbringen der dünneren Scheiben: Diese kann man nun vor dem Dremel-Geritze einfach entfernen.
So kann man bedenkenlos drauflosdremeln und das Profil hört nach dem Wiederzusammensetzen da auf, wo es aufhören soll.
Das war nicht meine Idee, den Tipp hat mir Falk Springer (vom Panzerketten-Forum) gegeben; nicht nur ein hilfsbereiter Mensch, sondern auch noch ein famoser Famoexperte. Dankeschön nochmal!
Ganz am Ende klebt man also den Scheibensandwich zusammen und sägt dann noch das Loch für die Felge aus. Dabei das Loch ruhig ein wenig kleiner machen, dann sitzt der Reifen nachher schön stramm.
Der finale Urreifen sieht dann so aus:
2. Das Urmodell mit Silikon abformen
Benötigtes Material für diesen Schritt:
- Knete
- Trennspray
- Normales Gießsilikon (z.B. vom Hobbyladen, http://www.weissmetall.de usw.)
Um das Urmodell abzuformen, versenkt man es zunächst zur Hälfte in Knete. Noch ein kleiner Tipp: Die Profilhälfte, die man mit Knete bedeckt, vorher mit Tesafilm abkleben, dann muss man nicht nachher das ganze Profil wieder sauberkratzen. Wie z.B. der Threadersteller. *grummel*
Eine laaaange Skizze:
Nun sprüht man etwas Trennspray auf den Urreifen und gießt dann Silikon in die oben skizzierte Vorrichtung (als Randgefäß habe ich eine alte Tabaksdose genommen).
Nach spätestens einem Tag ist das Silikon erstarrt, und man hat schon mal eine Hälfte der gewünschten Reifenform. Dann entfernt man vorsichtig die Knete, zieht die ganze Form samt Urmodell aus der Umrandung, dreht sie um, und versenkt sie so wieder in der Tabaksdose (wichtig: darauf achten, dass der Polyreifen in seiner Silikonhälfte stecken bleibt).
Wieder wird Trennspray aufgetragen, wieder wird Silikon eingefüllt, wieder muss man etwas warten, aber dann hat man endlich eine Urform für die Reifen:
3. Reifen gießen
Benötigtes Material für diesen Schritt:
- Geduld
- Ebalta 951
Die Silikonform erst etwa drei Tage ruhen („ausvulkanisieren“) lassen.
Man erhält nämlich sonst bei den ersten Reifenabgüsse und auch in der Form einen klebrig schmierigen Film, der nur mühsam wieder entfernt werden kann.
Der ungeduldige Threadersteller möchte nicht sagen, woher er das weiß. *grummel*
Nach der unerträglichen Wartezeit dann ein bisschen Trennspray in die Form sprühen.
Nun mischt man etwas Ebalta 951 mit dem Härter (Erfahrungswert: 100 ml von der schwarzen Grundmasse, 14 ml vom Härter – Danke an Halbketten-Hartmut für die Erinnerung ).
Darauf folgt das Eingießen der Masse in die beiden geöffneten Formhälften.
Damit wirklich das ganze Profil ausgefüllt wird, streich ich noch ein paar mal mit einem alten Pinsel durch die beiden schwarzen Gummiseen.
Wieder folgt ein wichtiger Punkt: Würde man jetzt die beiden Formhälften einfach so zusammenklatschen, würde die Ebaltagussmasse beim Drehen der Formen herauslaufen oder aus dem Spalt kleckern. Zudem hätte man mit Sicherheit Lufteinschlüsse, die als Blasen nach oben steigen; der Reifen würde kleine Löcher auf der Oberfläche bekommen.
Also muss man so lange warten, bis
A) die Masse so zäh ist, dass sie beim Umdrehen der Form nicht herausläuft (Himmel, ich komm mir vor wie beim Rezepteschreiben für Eischnee) und bis
B) sie aber trotzdem noch so flüssig ist, dass überschüssiges Ebalta beim Zusammenpressen der Formhälfte noch austreten kann.
Mein Erfahrungswert liegt bei 50 Minuten Wartezeit nach Härterbeigabe, es können aber je nach Umgebungstemperatur auch 40 oder 60 Minuten sein. Am Sichersten ist es, nach einer halben Stunde den Becher mit dem Rest der angerührten Gussmasse alle paar Minuten etwas zu kippen und so die Konsistenz zu testen.
Ist die Masse dann schön zähfließend, fügt man schnell die Form zusammen und spannt sie zwischen zwei ebene Flächen.
Man kann es wie ich mit Schraubzwingen machen, oder das Ganze einfach mit einem Gegenstand beschweren.
Danach drehe ich die Form samt Holzplatten alle fünf Minuten um (so ca. 4 mal), damit eventuell eingeschlossene Luftblasen nicht an einer Seite an der Oberfläche hervortreten, sondern im Erstarrungsprozess irgendwo in der Mitte verenden.
Jetzt muss der Reifen reifen.
Nach dem reiflichen Reifen des Reifens (konnt’s mir nicht verkneifen ), was etwa drei Stunden dauert, kann man dann die Form öffnen und das fest gewordene Objekt entfernen.
Möglicherweise ist dann die Oberfläche noch ein wenig klebrig, das verschwindet aber nach ein paar weiteren Stunden.
Und endlich erhält man nach der nervenraubenden Prozedur das Objekt seiner Begierde:
Wer bis hier hin das Fachgesimpel überstanden hat, merkt wohl, dass die Geschichte etwas mühsam ist.
Mein Vorgehen beim Gießen mit dem Zusammenfügen der Formteile nach einer gewissen Zeit ist recht risikolastig und aufwendig in Zeit und Durchführung. Vielleicht hat hier jemand eine Idee, Form und Guss zu vereinfachen? Vielleicht hat auch jemand Vorschläge für z.B. die Umsetzung von Hohlkammerreifen (einen kleinen Schlauchbalon mit eingießen?)
Auf jeden Fall wird man nach dieser ganzen Prozedur belohnt und erhält endlich Puschen für sein Modell.
Bitte ruhig fragen, wenn etwas unklar ist.
Über Kritik, Meinungen, Verbesserungen usw. freue ich mich.
Grüße
Martin
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